Hamburger Projekt

Ankommen in einem fremden Land, eine neue Sprache lernen, die Stadt kennenlernen und sich in der Schule neu orientieren – das sind große Herausforderungen, vor denen viele neu zugewanderte Schüler:innen, aber auch die Stadt und die Gesellschaft insgesamt stehen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation der jungen Menschen, die aus der Ukraine in unserer Stadt Schutz und Zuflucht suchen, setzt die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius ihr Projekt WEICHENSTELLUNG für Zuwandererkinder- und Jugendliche fort. Die Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, Kindern und Jugendlichen der Jahrgangsstufen 5/6, 7/8 und 9/10 dabei zu helfen, gut anzukommen und ihre Bildungschancen wahrzunehmen. Lehramtsstudierende und Studierende anderer Fachrichtungen begleiten als Mentor:innen ausgewählte Schüler:innen, die Mentees. Die Förderung dauert mindestens ein Jahr, um den Übergang von der Internationalen Vorbereitungsklasse (IVK) in die Regelklasse zu erleichtern. 

Die Mentor:innen vermitteln ihren Mentees wichtige Fähigkeiten für das selbstständige und wirksame Lernen, helfen in zentralen Schulfächern und bei der Vorbereitung auf Tests und Prüfungen. Darüber hinaus sind die Studierenden Bezugspersonen und Ratgeber:innen in verschiedenen Lebensbereichen für ihre Mentees und unternehmen mit ihnen regelmäßig gemeinsame Ausflüge und kulturelle Aktivitäten.

Die ZEIT-Stiftung will mit WEICHENSTELLUNG für Zuwandererkinder und -jugendliche zu Integration in und Teilhabe an der Gesellschaft beitragen. Alle Beteiligten profitieren: Die Schüler:innen erhalten individuelle Unterstützung beim Ankommen in Hamburg und in der neuen Schule. Die Eltern werden bei der Förderung ihrer Kinder unterstützt. Die Schulen wiederum können stärker auf die unterschiedlichen Begabungen ihrer Schüler:innen eingehen. Und die Studierenden engagieren sich, sammeln praktische Erfahrungen für ihren zukünftigen Beruf als Lehrkraft und erwerben für ihre Mentor:innentätigkeit Fähigkeiten, die ihnen auch auf ihrem persönlichen beruflichen Weg weiterhelfen.

Seit dem Start des Programms im Jahr 2015 haben in Hamburg 1.565 Mentees und 402 Mentor:innen an 32 Partnerschulen an WEICHENSTELLUNG für Zuwandererkinder und -jugendliche teilgenommen. Aktuell fördern 49 Mentor:innen 196 Mentees an 9 Partnerschulen.

Das ursprüngliche Konzept von WEICHENSTELLUNG hat die ZEIT-Stiftung seit 2013 kontinuierlich mit allen beteiligten Pädagogik-Expert:innen und Projektpartner:innn an den verschiedenen Projektstandorten gemeinsam weiterentwickelt.

Neben Hamburg realisieren auch unsere Partner:innen in Baden-Württemberg WEICHENSTELLUNG für Zuwandererkinder und -jugendliche.

1565

Mentees

 
haben seit 2015 in Hamburg von WEICHENSTELLUNG für Zuwandererkinder und -jugendliche profitiert.
402

Mentor:innen


haben bisher die Kinder beim Übergang von der Internationalen Vorbereitungsklasse in die Regelklasse begleitet.
32

Partnerschulen

 
beteiligten sich in Hamburg an dem Projekt.

Förderung

Ein/e Mentor:in arbeitet mit vier Schüler:innen, ausgewählt von der Klassenleitung nach festgelegten Kriterien. Durchschnittlich begleiten die Studierenden ihre Mentees 16 Stunden im Monat. Gefördert wird in der IVK-Klasse 5/6,7/8 und 9/10 wie folgt: 

  • zwei Stunden pro Woche im Unterricht
  • zwei Stunden pro Woche außerhalb des Unterricht

Die Ziele der Förderung und die Maßnahmen stimmen die Mentor:innen regelmäßig mit den Lehrkräften ab, um die Mentees gezielt und individuell unterstützen zu können.

Fachliche und überfachliche Förderung

Die fachliche Förderung durch die Mentor:innen sieht folgendermaßen aus:

  • Sprachförderung (Deutsch als Zweitsprache (DaZ) / Bildungssprache Deutsch)
  • Unterstützung in den Kernfächern Deutsch, Mathe und Englisch
  • Gemeinsames Vorbereiten auf Prüfungen (z. B. Sprachdiplom / Klassenarbeiten, Tests, Präsentationen)

Um sich das fachliche Wissen besser anzueignen und gesellschaftliche Teilhabe insgesamt zu ermöglichen, werden die Schüler:innen auch in ihren überfachlichen Fähigkeiten gestärkt:

  • Vermittlung von ausgewählten Lernstrategien und -methoden (Einsatz des Ratgebers „Lernen zu lernen“)
  • Stärkung des Lern- und Arbeitsverhaltens
  • Stärkung der Selbstwirksamkeit sowie der Ausdauer, Lern- und Leistungsbereitschaft
  • Aufbau von Motivation und Selbstvertrauen
  • Stärkung von Kooperations- und Teamfähigkeit (angemessenes Auftreten, Konfliktfähigkeit, Toleranz)   
  • Klärung der Ziele, die das Mentee erreichen möchte
  • Hilfen zur kulturellen Teilhabe, Vermittlung von Werten


Kulturprogramm und Ausflüge

Neben der Unterstützung in der Schule gehört zu WEICHENSTELLUNG auch ein kulturelles Begleitprogramm, an dem Mentor:innen mit ihren Mentees gemeinsam teilnehmen. Es soll bei den Mentees Interesse für Kultur wecken und ihre Persönlichkeit stärken. Sie lernen „ihren“ Stadtteil besser kennen und erleben und entdecken ihre neue Stadt. In der Regel dauert das Kulturprogramm vier Stunden und findet meist am Wochenende statt.

Das WEICHENSTELLUNG-Team stellt dafür ein Angebot aus verschiedenen Aktivitäten zusammen. Daraus können die Mentor:innen gemeinsam mit ihren Mentees passende Veranstaltungen wählen. Durch die vielen unterschiedlichen Möglichkeiten – von Ausstellungen und Theaterstücken über Sportveranstaltungen und Ausflügen in den Tierpark bis hin zu Stadtführungen und Mitmachkursen – ist für jeden etwas dabei, um gemeinsam neue Erfahrungen zu machen. Die Studierenden bereiten ihre Mentees auf die kulturellen Veranstaltungen vor, so dass sie motiviert und neugierig auf das Kulturangebot sind und etwas „für sich mitnehmen“.

Zudem steht den Mentees ein Budget für Bücher und Arbeitsmaterialien zur Verfügung. Je nach Wunsch können die Mentor:innen ihre Mentees auch in Sport- und Musikvereine vermitteln.

Das Kulturprogramm und die gemeinsam unternommenen Ausflüge im Programm WEICHENSTELLUNG schaffen ein Miteinander, von dem nicht nur die Studierenden sowie Kinder und Jugendlichen profitieren, sondern ebenso die beteiligten Schulen und die Familien der Mentees.

Mentees

Die Auswahl

Die Lehrkräfte der Internationalen Vorbereitungsklassen an den Partnerschulen informieren die Kinder und Jugendlichen und ihre Familien über das Projekt. Sobald die Eltern ihr Einverständnis für die Teilnahme am Programm gegeben haben, empfehlen die Lehrkräfte die Schüler:innen für die Aufnahme in WEICHENSTELLUNG für Zuwandererkinder und -jugendliche. Dabei orientieren sie sich an folgenden Kriterien:    

Teilnehmen können Schüler:innen in den IVK-Klassen der Jahrgangsstufen 5/6,7/8 und 9/10, die …  

  • (neu-)zugewandert sind und einen Förderbedarf beim Erwerb der deutschen Sprache haben,
  • eine erkennbare Lern- und Leistungsbereitschaft haben und motiviert sind,
  • bereit sind, die verabredeten Hilfen und Unterstützungsangebote – auch die begleitenden kulturellen Ausflüge – anzunehmen und verbindlich wahrzunehmen,
  • keine weitere Förderung durch ein anderes Mentoring-Programm erhalten und die
  • von ihren Eltern bei der Teilnahme an dem Programm unterstützt werden.

So profitieren die Mentees

Sie …

  • erfahren, positiv zu denken und die neuen Herausforderungen positiv anzugehen.
  • lernen, zu lernen – strukturiert, konzentriert und zielgerichtet.
  • erhalten Unterstützung beim Deutschlernen und in wichtigen Schulfächern.
  • haben mit den Mentor:innen Begleiter:innen an ihrer Seite, die ihnen bei vielen Fragestellungen und Herausforderungen – schulischer, persönlicher oder familialer Art – als Ansprechpartner:innen zur Verfügung stehen.
  • erwerben wichtige Fähigkeiten fürs Leben – wie Verbindlichkeit, Pünktlichkeit, respektvollen Umgang und Konsequenz.
  • lernen, ihre eigene kulturelle Identität zu entwickeln, bekommen Werte vermittelt und nehmen aktiv am gesellschaftlichen Leben teil (u. a. durch das Kulturprogramm).

Mentor:innen

Die Auswahl

Für die Auswahl der Mentor:innen gelten grundsätzlich folgende Kriterien:

Teilnehmen könnten Personen, die …                         

  • Studierende des Lehramts oder anderer pädagogikaffiner Studiengänge (B.A. oder M.A.) mit pädagogischer Erfahrung sind,
  • ein hohes Interesse daran haben, während ihres Studiums intensive Praxiserfahrungen zu sammeln, und diese in den begleitenden Supervisionen bzw. Coachings sowie Begleitseminaren und Fortbildungen zu reflektieren,
  • zusätzlich zu ihrem Studium Orientierung, Kompetenzerweiterung und Professionalisierung anstreben und
  • sich gesellschaftlich engagieren wollen.

So profitieren die Mentor:innen  

Sie …

  • erwerben pädagogische Kompetenzen.
  • gewinnen grundlegende Kompetenzen für die Aufgaben als Mentor:in.
  • erfahren, wie sie ihre Mentees zum Lernen motivieren können.
  • sammeln praktische Erfahrungen für den zukünftigen Beruf.
  • nehmen an einem Einführungsseminar teil (u. a. Planung von Fördereinheiten und Nutzung des Kulturprogramms), das sie gut auf ihre Tätigkeit vorbereitet.
  • nehmen an einem Seminar „Deutsch als Zweitsprache (DaZ)“ teil.
  • profitieren von weiteren ausgewählten Fortbildungen (u. a. Traumatisierung, Asylrecht).
  • können sich in den regelmäßig stattfindenden Supervisionen an der jeweiligen Partnerschule mit anderen Mentor:innen und der/m Supervisor:in über ihre Erfahrungen austauschen und Feedback einholen.
  • haben bei Peer-to-Peer-Hospitationen die Möglichkeit, sich untereinander noch intensiver über ihre Förderarbeit auszutauschen.
  • erhalten eine Aufwandsentschädigung.

„Das Schöne an WEICHENSTELLUNG ist, dass Mensch die Möglichkeit hat, sich wirklich kennenzulernen. Es wird nicht nur gemeinsam und voneinander gelernt, sondern es können auch Freundschaften entstehen.“

(Nele Schell, Mentorin)

Partnerschulen

Die Partnerschulen benennen eine/n Ansprechpartner:in, die/der das Projekt von Schulseite her koordiniert und die Informationsschnittstelle für die beteiligten Klassenlehrkräfte, die Mentor:innen sowie das WEICHENSTELLUNG-Team der ZEIT-Stiftung bildet.

Die Studierenden arbeiten eng mit den jeweiligen Klassenlehrkräften zusammen und treffen sich regelmäßig mit den anderen Mentor:innen zu Supervisionen, die an den Partnerschulen durchgeführt werden.

Ihre Schule wünscht mehr Informationen zum Projekt? Dann melden Sie sich beim WEICHENSTELLUNG-Team.

WEICHENSTELLUNG-Team

Gesamtkoordination
Dr. Tatiana Matthiesen

Bereichsleiterin Bildung und Erziehung
ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd
Bucerius, Hamburg
E-Mail: matthiesen@zeit-stiftung.de

Projektkoordination
Marcella Christiani, M.A.

Wissenschaftliche Referentin
ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, Hamburg
E-Mail: christiani@zeit-stiftung.de

Projektassistenz
Lissy Neumann

Förderbereich Bildung und Erziehung
ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, Hamburg
E-Mail: neumann@weichenstellung.info

Rechnungswesen/Controlling
Jörn Ruge

Projektassistenz
ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd 
Bucerius, Hamburg
E-Mail: ruge@weichenstellung.info

Rechnungswesen/Controlling
Judith Strand

Projektassistenz
ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd
Bucerius, Hamburg
E-Mail: strand@weichenstellung.info



Pädagogische Partnerschulkoordination und Fachberatung

Pädagogische Fachberatung
Sabine Bühler-Otten

Koordinatorin Internationale Vorbereitungsklassen

Louise Weiss Gymnasium

E-Mail: sabine.buehler-otten@lwg.hamburg.de

Pädagogische Fachkoordination
Kathrin Brockmann

Beratungsstelle Interkulturelle Erziehung (BIE) des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI)

Beratung, Fortbildung und Schulbegleitung für Schulen mit (neu) zugewanderten Schülerinnen und Schülern (Schwerpunkt Primarstufe) 

E-Mail: Kathrin.Brockmann@li-hamburg.de

Partner:innen und Förder:innen

WEICHENSTELLUNG für Zuwandererkinder und -jugendliche der ZEIT-Stiftung startete im Jahr 2015 als Pilotprojekt an der Europaschule Gymnasium Hamm mit Unterstützung der Til Schweiger Foundation. Von 2017 bis 2019 engagierte sich auch die Hans-Dornbluth-Stiftung.

Seit 2016 fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen der Initiative „Menschen stärken Menschen“ das Mentoring-Programm und ermöglicht so zahlreiche neue Chancenpatenschaften.